fbpx

TRENNUNGSKOLUMNE: MANCHMAL MUSS MAN IM LEBEN EINFACH FÜR SICH EINSTEHEN

von Mamalicious
8,7K views

Endlich ist es soweit, endlich kann ich über das Thema Trennung schreiben, ohne dass die Wut in mir hochkommt. Die Wut, die Enttäuschung, die „Ach hätte ich doch“, die Reue und die Tränen… Es ist nun drei Jahre her, seit bei uns die Bombe nach sieben (verflixten) Jahren Ehe geplatzt ist.

Ich möchte auch gleich zu Beginn klar stellen, dass ich dies hier nicht schreibe um meinen Frust loszuwerden, noch um meinen Ex-Mann zu ärgern, noch um schlechte Stimmung zu verbreiten oder das Heiraten zu verteufeln. Ich werde auch versuchen, mich primär auf Lösungsansätze zu fokussieren, nicht auf das Drama. Niemand braucht Drama.

Ich schreibe dies im Namen von uns allen. Im Namen von uns Eltern, Männer und Frauen und im Namen aller Kinder, die sich das gleiche Schicksal ausgesucht haben, wie ich, der Vater meines Kindes und mein Sohn es uns ausgesucht haben.

Alle sind
wir Trennungskinder mit massivem Drama und Leid verbunden. Alle mussten wir
ganz früh erwachsen werden. Ich mit knapp 6 Monaten, mein Ex mit 5 Jahren und
unser Sohn mit 6. Ich schreibe das, weil die Familiengeschichte meist auch eine
Rolle spielt. Es sind Muster, die wir von Generation zu Generation leben und
ausgeliefert sind, ausser wir erkennen und brechen sie ein für alle Mal, für
die Zukunft unserer Kinder und deren Kinder.

Aber
hierzu kommen wir ein Andermal… Ich erlebe was meine Mama erlebt hat und mein
Sohn erlebt was ich erlebt habe. Dies ist beängstigend aber auch irgendwie beruhigend,
wenn ich bedenke, wo ich heute in meinem Leben stehe. Es ist ok…

In der Gesellschaft und in unserem System stimmt etwas nicht und das ist der Grund weshalb wir alle leiden, wenn eine Trennung ansteht oder passiert. Wir haben ja gesagt. Und wenn man ja sagt, dann zieht man das auch durch. Wenn wir das nicht schaffen, haben wir versagt… Wir feiern die Hochzeit wie ganz Grosse, die Geburt eines Kindes krönt das ganze und wenn wir uns trennen, dann sind wir gescheitert – und auf einmal ganz unbeholfen und klein.

Liebe Mamis, liebe Papis: Mich nach sieben Jahren mit erhobenem Haupt, voller Mut und Hoffnung hinzustellen und mit ruhiger Stimme zu sagen „Bis hierher und nicht weiter“, für MICH einzustehen, ohne Rücksicht auf Verluste und für mein Leben, meine Seele, mein Glück, DAS meine Lieben, war das mutigste, was ich in meinem Leben bisher getan habe. Wir beide hätten es schon nach zwei Jahre Ehe tun sollen. Wir beide hatten längst die Schnauze voll, wir beide waren voller Verlust-Ängste, Konventionen, Scham, falschen Glaubenssätzen und dem Bullshit der unsere Gesellschaft sonst noch so mit sich bringt.

Ich wusste, ich werde alles verlieren in diesem Moment. Mein Zuhause, Sicherheit, meine Zukunftspläne, meine Familie und ganz klar auch meinen Seelenfrieden. Was ich damit gewonnen habe? Ich habe meine Freiheit wiedergewonnen und sie auch meinem Ex-Mann wieder geschenkt. Wir waren gefangen in unserem eigenen Bullshit. Meine Würde, mein Lachen, meine Lebenslust, meine Unabhängigkeit, meine Leichtigkeit, meinen Zugang zu meinen Emotionen, MEINE Wahrheit – alles habe ich mir zurückgeholt. Wie ein Krieger (des Lichts).

Die Kinder? Die Kinder lernen dabei, dass das Leben halt nun mal nicht immer so ist, wie im Bilderbuch. Aber diese Erkenntnis ist ja so oder so – je früher desto besser – eine sinnvolle Sache. Unser Familienberater hat einmal gesagt, wenn er etwas aus der Forschung gelernt hat, dann unter anderem: Ihr Sohn wird seine Partnerin später genau so behandeln wie sein Vater seine Mutter behandelte. Hierfür lege er die Hand ins Feuer. Dann dachte ich mir, SHIT – die armen Frauen! Nein, nein, nein, nein. Bis hierher und nicht weiter. Stop! Jetzt kommen wir zum bescheuertsten Spruch des Jahrhunderts „Kinder möchten gerne, dass die Eltern für immer zusammenbleiben“. Also so ganz sicher nicht. Ich kenne auch genügend Menschen, die ihren Eltern wirklich von Herzen dankbar sind, dass sie ihnen das Drama erspart haben. Niemand will im Feuer leben.

Ja. Einverstanden. Wenn wir von zwei Erwachsenen reden, die eine gesunde Beziehung führen, die Luft zuhause rein und der Respekt innerhalb der Parteien gegeben ist. Wenn dann eine Trennung stattfindet, ok… Schade, wenn man dann nicht kämpft und daran arbeitet. Paartherapie kann sehr viel bewirken, wenn es Sinn macht. Aber es gibt auch toxische Beziehungen, die eure Kinder Tag für Tag genau so vergiften wie euch selbst. Eine toxische Beziehung kann auch zwischen zwei Parteien passieren, die in einer anderen Konstellation wunderbar und harmonisch funktionieren. Wie im Labor, die einen Chemikalien sind eine Symbiose, die anderen eine Explosion.

Wenn du eine ungesunde Beziehung führst, ist dies für alle Beteiligten im Haus reines Gift, energetisch unglaublich anstrengend, auslaugend und verehrend was die Psychohygiene angeht. Auch für Haustiere im Übrigen. Es ist fast schon unverantwortlich.

„Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen.“

Albert Schweitzer

Fazit: Eine Trennung kann auch genau das sein, was deine Kinder brauchen, um gesund aufwachsen zu dürfen. Eine Trennung kann die Königsklasse sein – nicht unbedingt die Langlebigkeit der Ehe, die die Gesellschaft von euch erwartet. Eine Trennung kann eine Chance für Eltern und die ganze Familie sein.

Bitte lasst uns das immer vor Augen halten. Liebe ist alles was wir brauchen um zu Atmen. Liebe ist, was uns zusammenhält, Loslassen ist auch Liebe und wisst ihr was? Liebe ist bedingungslos und die Abwesenheit der Liebe die Hölle auf Erden. Auch wenn ich meinen Ex-Mann (und er mich) ganz oft gerne ganz fest würgen würde (ha ha ha), er war und ist mein bester Lehrer, den ich je hatte und ich liebe ihn immer noch, halt einfach anders… Weil er die Hälfte meines Sohnes ist, weil er mir meinen Sohn geschenkt hat, weil ich so oder so mit ihm klarkommen muss, egal wie oft wir scheitern.

Nächstes Mal möchte ich gerne über die Möglichkeiten einer für eure Kinder optimale Trennungssituation schreiben.

Konnte
ich euch mit diesem Text etwas weitergeben? Mich berührt dieses Thema immer
noch sehr. Lasst uns über dieses Thema reden und schreiben, für unsere Kinder.
Denn die Kinder leiden nicht primär an einer Trennung, sondern an unserem
Verhalten währenddessen. 

Was sind
denn die Themen im Rahmen einer Trennung mit Kind/er, die euch interessieren?
Ich freue mich auf eure Kommentare (natürlich auch anonym, ich weiss noch wie
anstrengend das war, insbesondere in einer gerichtlichen Situation), ihr könnt
mir auch auf racha@mamalicious.ch schreiben.

Alles
Liebe, eure Racha

Foto by Ellin Anderegg für Schweizer Illustrierte Family-Channel

Ähnliche Artikel